Alle reden von Greenwashing, aber kennst Du auch Healthwashing?
Wir sind in unserem Alltag umgeben vom sogenannten Healthwashing. Vor allem beim Einkauf werden wir durch Texte und Verpackungen permanent damit konfrontiert. Hier einige Beispiele, die Dir bestimmt schon begegnet sind:
„Jetzt mit Agavendicksaft gesüßt“ – Agave klingt irgendwie gesünder, als Zuckerrübe. Vergessen der Transportweg, die Monokultur, der im Vergleich zum Haushaltszucker höhere Fructoseanteil, der noch problematischer für die Gesundheit sein kann. Es wird auf das Image der geringeren Verarbeitung, des höheren Anteils an sekundären Pflanzenstoffen und der etwas geringeren Kalorien, aufgrund einer höheren Süßkraft gesetzt. Aber Zucker bleibt Zucker.
„Nur noch halb so viel Zucker“ – dafür oftmals andere Süßungsmittel, die oft noch gesundheitsschädlicher sind. Vor allem Süßstoffe, Sirup oder einfach nur andere Namen für Zucker, wie:
- Saccharose.
- Dextrose.
- Raffinose.
- Glukose.
- Fruktosesirup oder Fruktose-Glukose-Sirup.
- Glukosesirup, Glukose-Fructose-Sirup oder Stärkesirup.
„…große Bedeutung von Gesundheit erkannt.“ – nun, erkennen heißt nicht unbedingt auch handeln und Verantwortung übernehmen.
„Natürliche Inhaltsstoffe“ – ein beliebtes Wording, das extrem dehnbar ist. Es sagt nichts über den Grad der Verarbeitung aus, die Herkunft, Schadstoffbelastungen und weitere, nicht natürliche, Inhaltsstoffe.
Einiges begegnet Dir beim Einkauf fast täglich – das vegane V-Label auf der PVC-Sandale, eine gesund und natürlich aussehende Verpackung, zu welcher der Inhalt nicht passt oder Wörter wie „natürlich“, „natural“. Gerade „vegan“ wird oft mit „gesund“ gleichgesetzt und das machen sich viele (Nahrungsmittel)produzenten zunutze. Hier kann ich nur jedem empfehlen, genau auf die Inhaltsstoffe zu achten. Vegane Produkte sind nicht per se gleich Bio oder regional und oftmals mit unglaublich vielen Zusätzen versehen und stark verarbeitet.
Einen guten Überblick über den Grad der Verarbeitung von Lebensmitteln bietet der hierzulande etwas unbekannte NOVA-Index.
Kurz: Die Verpackung oder Außenkommunikation suggeriert Gesundheit. Der Inhalt, die Details oder gelebte Realität stehen dem entgegen.
Healthwashing bei der Arbeit
Healthwashing gibt es auch beim innerbetrieblichen Umgang mit gesunden Themen. Nach außen wird mit Gesundheitsangeboten, wie Kursen, Firmenfitnesskarte oder dem eigenen Fitnessstudio geworben, die Realität sieht aber häufig anders aus.
Hier einige Beispiele für betriebliches Healthwashing:
- interne oder kooperierende Angebote gelten nicht als Arbeitszeit (z.B. 1 Kurs oder Stunde/Woche)
- die Firmenfitnesskarte nutzen nur wenige für eingeschränkte Angebote außerhalb der Arbeitszeit. Es ist ein einfaches Delegieren der gesundheitlichen Verantwortung an den Mitarbeiter und sehr einfach für den Betrieb.
- Das Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen fördert und ermutigt nicht zur Nutzung oder Teilnahme an Angeboten oder des firmeninternen Sportraums.
- Ungesundes Kantinenessen
Dabei hat ganzheitliche Gesundheitsförderung einen direkten, betriebswirtschaftlichen Nutzen durch Gesundheitsbewusstsein, weniger Ausfall, mehr Energie und Fokus, Stressabbau, stabile und resiliente Teams und damit gehaltenes Wissen im Betrieb. Ehrliche Gesundheitsangebote sind zunehmend auch elementar für die Attraktivität als Arbeitgeber. Wie kann es also anders aussehen?
- Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) außerhalb von Arbeitsplatzergonomie und Obstkorb.
- Gesundheitsförderung in allen Teilaspekten, wie Selbstwirksamkeit, Gemeinschaft, Bewegung, Ernährung, Regeneration und Natur/Arbeits-Umwelt.
- Regelmäßige Wissensvermittlung zu gesundheitsrelevanten Themen und deren Integration in den Arbeitsalltag.
- Interne Kurs-Angebote: 1h/Woche oder 1 Kursteilnahme/Woche, freie Bewegungspause gilt als Arbeitszeit.
- Gesunde Team-Challenges.
- Mitarbeiter werden gehört. Verhinderer werden erkannt und in ihren Bedenken abgeholt. Der Nutzen und das „Warum“ aus betrieblicher Sicht werden transparent kommuniziert.
- Klare interne Regeln ermöglichen die Teilhabe.
- Ggf. Umstrukturierungen unter gesundheitsorientierten Aspekten, wie gesundes Kantinenessen, ausreichend Tageslicht, Beleuchtung, geringe Schadstoffemissionen, Grünpflanzen, Aufenthaltsqualitäten, Bewegungsförderung, Geh-Meetings, …
- Regelmäßige Evaluation
Wie bei allem steht wirklich Wollen und danach Handeln im Vordergrund.